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Katholische Pfarrkirche, Storkow

Die Kirche gehört zum nördlichen Teil des Bistums Görlitz, so dass Architekt Thomas Backhaus, Leiter des Baureferats des Bistums Görlitz, für dieses Objekt zuständig war.

Im Zeichen des Fisches.

Entwurf und Bauausführung einer Kirche stellen stets für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung dar. Die kleine Kirche St. Maria in Storkow bei Berlin widmet sich dem Thema Fisch. Das urchristliche Symbol diente als Vorlage für ein Bauwerk der besonderen Güte.

Bereits die ersten Planungen für einen Ersatzneubau der Kirche in Storkow bei Berlin sahen den Fisch als geometrische Grundform vor. Die Kirche gehört zum nördlichen Teil des Bistums Görlitz, so dass Architekt Thomas Backhaus, Leiter des Baureferats des Bistums Görlitz, für dieses Objekt zuständig war. Er hatte die Idee, den Fisch, das Symbol des Urchristentums und Zeichen der Christen in der Diaspora, in einem Bauwerk zu realisieren.

Der Fisch, beweglich und rund, stellt sich als komplizierte geometrische Form dar. Um zwei Achsen müsste sich ein solches Gebäude krümmen. Zusammen mit der Architektin Susanne Döbbel-Winkler ging es an die Entwurfsumsetzung.

Leimholzbinder überspannen das Bauwerk wie die Gräten eines Fisches. Die Wahl der Materialien, die Gestaltung der Details, die Funktionalität der Räumlichkeiten und viele kleine, liebevolle Details wurden in den folgenden Entwicklungsschritten von der Architektin erarbeitet. Auch die Einordnung der kleinen Kirche im Freiraum, deren Gemeindewege zum Sehen und sich Treffen, sind sorgfältig nach gleichem geometrischen Muster geplant.

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Katholische Pfarrkirche, Storkow​

Aus Wand wird Dach

Fassade und Dach des Gebäudes bilden auf der Nordseite der Kirche eine Einheit. Das Dach geht übergangslos aus der Fassade hervor. Es krümmt sich um zwei Achsen, bückt sich und streckt sich.

In den ersten Planungen war Reet als Dachdeckungsmaterial vorgesehen. Das natürliche Material könnte der Formbewegung geschmeidig folgen. Doch bei 35° Mindest-Dachneigung ist die Einsatzgrenze des Materials erreicht. Die Architekten wollten und mussten aber eine flachere Dachneigung erreichen.

Mit 22° Mindest-Dachneigung erwies sich Schiefer als eine überaus reizvolle Alternative. Mit seinem feinen seidigen Glanz und der Schuppenoptik folgt dieses Material gerade zu ideal dem Bild des Fisches. So erwies sich die anfängliche Alternative als das einzig wahre Material für diese anspruchsvolle Aufgabe. Die Architektin Döbbel-Winkler dazu: „Es gab den Aha-Effekt“.

Die hier gewählte sogenannte Wilde Schieferdeckung in Moselschiefer® erinnert sofort an den Fisch. Mit dieser Materialwahl ist die architektonische Idee auf direktem Wege jedermann verständlicher und nachvollziehbarer, als es je mit einer Reetdeckung gewesen wäre.

Bei der Wahl der Schieferdeckung stand von vornherein fest, dass es keine Altdeutsche Deckung oder Schuppen-Deckung sein sollte. Die Urform des Fisches sollte mit einer ebenso ursprünglichen Schieferdeckart umgesetzt werden. Die Wilde Deckung war die einzig wahre Lösung. Bei der Wilden Schieferdeckung gibt es viele Spielarten. Je nach Handschrift des Dachdeckers und der Größe der Steinrohlinge können verschiedene gewollte, aber auch ungewollte Grundmuster entstehen. Eine Wilde Deckung kann vom Typ her rundlich, eckig, scharfkantig, langgezogen, in der Steingröße gleichmäßig oder lebhaft und variierend sein. Deshalb war es unbedingt erforderlich, eine Musterfläche anzulegen, damit zwischen Architektin, Bauherr und Dachdecker Einvernehmen über den in etwa zu realisierenden Typus der Wilden Deckung gefunden werden konnte. Schließlich wurden von Rathscheck Schiefer die auf ca. 5 mm Dicke gespalteten, aber nicht zugerichteten Mosel-Rohschiefer geliefert.

Döbbel-Winkler

„Es ging bei der Gestaltung der Flächen um grundsätzliche Erscheinungsmerkmale einer Schuppenfläche. Daneben wurden auch innerhalb der einzudeckenden Fläche verschiedene Optiken an konkaven und konvexen Bereichen vereinbart, wobei der Dachdecker stets auch technische Belange in die Besprechungen einbrachte.

Zusätzlich zu diesen grundsätzlichen Vereinbarungen mussten noch die „Handschriften“ der einzelnen Dachdecker untereinander abgestimmt werden. Drei Dachdecker arbeiteten im 15-Minuten-Rhythmus an verschiedenen Stellen des Daches. Danach wurden die Arbeitsplätze gewechselt. Um eine weitgehend einheitliche Optik sicherzustellen, richtete ein weiterer Dachdecker auf dem Boden die Moselschiefer-Rohlinge grob vor.

Der Abschluss des Daches zum „First“ erfolgte mit einem markanten Zinkkragen. Dieser betont die Form und sichert diese mutige Dachlandschaft gegen alle erdenklichen Unwägbarkeiten.

Dämmung oberhalb der Sparren

„Es ging bei der Gestaltung der Flächen um grundsätzliche Erscheinungsmerkmale einer Schuppenfläche. Daneben wurden auch innerhalb der einzudeckenden Fläche verschiedene Optiken an konkaven und konvexen Bereichen vereinbart, wobei der Dachdecker stets auch technische Belange in die Besprechungen einbrachte.“

Zusätzlich zu diesen grundsätzlichen Vereinbarungen mussten noch die „Handschriften“ der einzelnen Dachdecker untereinander abgestimmt werden. Drei Dachdecker arbeiteten im 15-Minuten-Rhythmus an verschiedenen Stellen des Daches. Danach wurden die Arbeitsplätze gewechselt. Um eine weitgehend einheitliche Optik sicherzustellen, richtete ein weiterer Dachdecker auf dem Boden die Moselschiefer-Rohlinge grob vor.

Der Abschluss des Daches zum „First“ erfolgte mit einem markanten Zinkkragen. Dieser betont die Form und sichert diese mutige Dachlandschaft gegen alle erdenklichen Unwägbarkeiten.

Im Fischbauch

Innen ist die kleine, 50 Sitzplätze bietende Kirche von der gewölbten Brettschichtholz-Konstruktion geprägt. Wie die Gräten eines großen Fisches wölben sich die gebogenen Träger über den Kirchenraum. Mit einer hellen Holzlasur brachen die Architekten die Dominanz des Holzes. In Anlehnung an die gelungene Schieferdeckung entstand der Altar mit eingebettetem Lesepult aus einer einzigen durchgehenden 8 cm dicken Schieferplatte, die im Grundriss die Konturen eines Fisches abstrahiert.

Ein hinter dem Altar angeordnetes senkrecht stehendes Glasfenster mit einem meditativen Marien-Motiv durchbricht die sonst geschlossene Ostwand. Dieses Glasfenster öffnet sich nach oben als Geste schalenförmig und lässt wohlproportioniertes, lebhaftes Tageslicht in den bergenden, warmen Kirchenraum hinein.

Fazit:

An einen Fisch erinnert die Gestaltung der kleinen Kirche St. Maria in Storkow bei Berlin. Die komplizierte Geometrie erforderte auch eine besondere Konstruktion und Dacheindeckung. Eine Wilde Schieferdeckung schützt gleichsam wie Fischschuppen mit ihrem seidigen Glanz dieses Bauwerk. Unter der Schieferdeckung verbirgt sich eine interessante Aufsparrendämmung.

Katholische Pfarrkirche, Storkow

Bauherr

Kirchenvorstand der Katholischen Kirchengemeinde

Planung

Dipl. Ing. Architektin Susanne Döbbel,
Markwaldsiedlung 13f, 63526 Erlensee

Thomas Backhaus
Bischöfliches Ordinariat Görlitz

Bauzeit
05/1998 bis 10/1998

Gebäudefläche
97,47 m²

Dachmaterial
Rathscheck Schiefer, Moselschiefer® unbehauen

Unterkonstruktion
BS-Holz-Unterkonstruktion, Schutz durch V13, vernagelt

Standort
Storkow-Hubertushöhe

Tragwerksplaner
Christian Burgbacher GmbH & Co. KG Holzwerke, Chr.-Burgbacher-Str. 17, 78647 Trossingen

Grundstücksfläche
4.291 m²

Schieferdeckart
Wilde Deckung

Dämmung
Aufsparrendämmung, Steildachdämmung Mineralwolle 120 mm, einschl. Abrutschsicherung

Besonderes
Verschiedene Dachneigungen durch Dreifach-Krümmung der Binder. Der „Kiesstreifen“ um den Buckel wurde mit dem Schutt der Schiefer gestaltet.

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